Rolf Lapperts erste Romane erschienen Anfang der achtziger und Mitte der neunziger Jahre. Danach arbeitete er einige Jahre als Drehbuchautor. Mit Nach Hause schwimmen legt Rolf Lappert dieses Jahr nach langer Zeit wieder einen Roman vor, welcher prompt auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis kam.
Nach Hause schwimmen erzählt die Geschichte des kleinwüchsigen und hochbegabten Halbwaisen Wilbur. Bei seiner Geburt in Philadelphia stirbt seine irische Mutter, sein Vater verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Der zu früh geborene Winzling wächst zunächst in der Obhut von Krankenschwestern und in Kinderheimen auf, bis seine Großeltern ihn zu sich nach Irland holen. Dort verlebt er einige glückliche Jahre mit seiner Großmutter Orla, wenn er auch unter Gleichaltrigen ein Außenseiter bleibt. Nach einem Zwischenfall auf dem Schulhof findet er dann irgendwann doch einen Freund – Conor. Nun könnte alles gut werden, wenn nicht, ja wenn nicht Conor durch sein Handeln indirekt Orlas Tod auslösen würde. Wilbur kommt erst in eine Pflegefamilie, später in eine Jugendbesserungsanstalt, die er trotz aller Einschränkungen aus Angst vor dem Leben am liebsten nicht mehr verlassen würde.
Lappert lässt die Romanhandlung an einem zentralen Krisenpunkt einsetzten: An seinem 20. Geburtstag ist Wilbur von zwei Anglern aus dem kalten Wasser gefischt worden – Unfall oder Selbstmordversuch? Von da an breitet der Autor Wilburs Leben in zwei Erzählsträngen aus. Der erste holt die Vorgeschichte bis zu diesem Zeitpunkt nach, in dem zweiten erzählt Wilbur, wie er sich allmählich doch noch freistrampelt und einen Weg ins Leben findet. Je mehr man als Leser an der Vergangenheit des etwas sonderbaren Antihelden teilgenommen hat, desto wichtiger wird einem, ob dieser Suchende zu sich selbst finden wird.
Lapperts Roman überzeugt durch eine intensive Erzählweise und starke Bilder, er erzählt eindringlich aber wertungsfrei und ohne Larmoyanz. Zu Wilburs Leben gehören eben auch die hellen Momente, die schöne Zeit mit Orla beispielsweise, wichtige Freundschaften und das Aufgehen Wilburs im Cellospiel. Sie scheinen in der Dunkelheit um so heller, genauso wie durch sie das Leben phasenweise umso bedrohlicher und bedrohter erscheint.
Rolf Lappert: Nach Hause schwimmen. Roman, Hanser 2008
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