Oder wie eine Detektivgeschichte sanft auf Folgen von Krieg und Flucht hinweist
Detektivgeschichten sind bei Kindern oft beliebt, versprechen sie doch Abenteuer, Unterhaltung und Spannung. Manchmal bringen sie auch noch unerwartet Tiefgang mit, indem sie wichtige Themen aufgreifen. Das ist bei Forschungsgruppe Erbsensuppe der Fall, einer Detektivgeschichte aus dem Verlag Knesebeck.
Nils gilt als zurückhaltend und schüchtern. Seine Lehrerin Frau Schmidt sagt, er hat ein ausgleichendes Gemüt und drum setzt sie die zappelige und aufbrausende Evi neben ihn. Die restlichen 22 Kinder der Klasse haben übrigens eine Bande gegründet, als Nils und Evi nicht da waren: die Detektivbande „Die 22 Fragezeichen“. Nils wäre auch gerne in einer Bande, Evi übrigens auch und so gründen die beiden eben ihre eigene Bande und treffen sich nachmittags bei den Großeltern von Nils. Seine Eltern sind nämlich beide berufstätig und er verbringt die Nachmittage bei Oma und Opa.
Bandenzweck Integration
Und dann kommt Lina. Wie lange schon wollte die Klasse auch ein Flüchtlingskind haben – die Parallelklasse hat schließlich zwei und die spielen ganz toll Fußball! Lina allerdings spielt kein Fußball und schaut oft so finster, dass sie eine Falte auf der Stirn hat. Ausgerechnet die beiden Außenseiter Nils und Evi sind es, die das syrische Flüchtlingsmädchen Lina „integrieren“. Das tun sie auf ganz einfache und selbstverständliche Weise. Die Autorin zeichnet ihre Buchhelden hier mit soviel warmherzigen Humor, dass es viel Freude macht.
Wie gut allerdings, dass Lina in Syrien Detektivin war, denn plötzlich geschehen bei Oma und Opa seltsame Dinge: Erst schaut Oma auf einmal so viel Fernsehen, dann sind die Kinder auf einmal nicht mehr willkommen. Stattdessen stapeln sich in der Wohnung Dosen mit Erbsensuppe bis in den Flur. Ist doch seltsam, oder? Sie gründen die Forschungsgruppe Erbsensuppe, um herauszubekommen, was da los ist. Bald ist klar, dass sie aktiv werden müssen, denn offenbar soll Oma ins Heim gebracht werden!
Natürlich sind die Dinge nicht so, wie die kleinen Detektive denken, aber klar, sie erklären sich die Welt aus dem was sie erleben und wissen. Und da über die Folgen von Krieg, Flucht und Vertreibung meist nicht viel viel erhellendes im Beisein von Kindern gesprochen wird, versuchen sie sich selber zusammen zu reimen, was da los ist.
Krieg und Fluchtfolgen
Ältere Leser haben natürlich recht schnell einen Verdacht, was mit Oma los ist. Die Berichterstattung im Fernsehen haben bei Nils‘ Oma die Erinnerungen an eigene Kriegserlebnisse und die Flucht hochgebracht, die sie als Kind durchlitten hat. Darum fängt sie an Lebensmittelvorräte, wie die Dosen mit Erbsensuppe anzulegen und einen Notfallkoffer zu packen.
Selbst die Probleme rund um den Bereich Integration von Flüchtlingen in unserer Gesellschaft heute, weiß Patwardhan unaufdringlich einzuflechten. Ob es um Vorurteile gegenüber den Geflüchteten geht oder die Ängste vor Ausweisung, die ein solches Kind entwickeln kann – die Autorin bindet dies ohne moralischen Zeigefinger in Forschungsgruppe Erbsensuppe ein. So schafft sie gleichermaßen die Basis für Verständnis, wie einen Anknüpfungspunkt für Gespräche rund um diese aktuelle Thematik.
Diese Detektivgeschichte hat alles was eine gute Geschichte ausmacht und dazu noch eine ganze Portion mehr: eine perfekte Mischung aus Unterhaltung, Spaß und Sinn. Klare Empfehlung: bitte lesen, verschenken und weitererzählen!
Rieke Patwardhan: Forschungsgruppe Erbsensuppe oder wie wir Omas großem Geheimnis auf die Spur kamen.[affilliate link] Illustrationen von Regina Kehn. Knesebeck 2019, ab 8 Jahren
ISBN 978-3-95728-023-7
144 Seiten, [D]13,00 €