Eine Agentenstory als Graphic Novel

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Autor: S. Benedict-Rux
2. Juni 2008


Isabel Kreitz ist wohl die bekannteste Comic-Zeichnerin Deutschlands. 1997 wurde sie mit dem Deutschen Comic-Preis ausgezeichnet. Neben eigenen Storys zeichnet sie auch Comic-Adaptionen wie zum Beispiel Erich Kästners „Der 35. Mai“ und „Die Entdeckung der Currywurst“ nach dem Roman von Uwe Timm. „Die Sache mit Sorge“ spielt zwischen Mai und Oktober 1941, den letzten fünf Monaten im Leben des deutschen Journalisten und Spions Dr. Richard Sorge.

1941 reist die Cembalo-Spielerin Eta Harich-Schneider nach Tokio und wohnt im Hause des deutschen Botschafters Eugen Ott. Sie lernt dort Richard Sorge kennen, der regelmäßig im Hause verkehrt. Zwischen den beiden entbrennt eine Affäre. Schon bald gesteht Sorge ihr seine Spionagetätigkeit für die Sowjetunion. Doch dort hört man nicht auf ihn, als er vor einem geplanten Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion warnt. Denn Stalin glaubt weiterhin an den Nichtangriffspakt mit Deutschland…

Isabel Kreitz nähert sich der Figur Richard Sorge von mehreren Seiten. Neben seiner Spionagetätigkeit zeigt sie den Menschen Sorge, der an der Einsamkeit seines Berufs zerbricht, der Alkoholsucht verfällt und zuletzt leichtsinnig seine Sicherheit und die seiner Mitarbeiter im Sorge-Ring auf´s Spiel setzt. Nebenbei schildert sie das realitätsfremde Leben der nationalsozialistischen deutschen Gemeinde in Tokio, die weiterhin ihr kulturelles Leben mit Konzerten und Cocktailpartys pflegt…

In die szenischen Darstellung der Geschehnisse fügt die Autorin mehrfach Seiten ein, die mehr erzählenden Charakter haben. Verschiedene Personen aus dem Umfeld Sorges äußern sich dort zu den Ereignissen aus ihrer jeweils subjektiven Sicht und helfen dem Leser die Geschehnisse besser einzuordnen. Sie erinnern an die Interviews von Zeitzeugen, wie sie in den letzten Jahren vielfach in historischen Doku-Sendungen im Fernsehen zu sehen sind.

Der Klappentext preist das Buch als eine Geschichte fern aller Agentenklischees. Dem ist insofern zuzustimmen, als diese Graphic Novel sicher nichts für Leser ist, die nach einer typischen actionreichen Agentengeschichte suchen. Die Comicautorin hat für diese Story verschiedene Quellen aus Ost und West herangezogen und die unterschiedlichen Blickwinkel berücksichtigt. Das Bemühen, die Geschehnisse historisch fundiert und aus mehreren Perspektiven darzustellen ist vielfach zu spüren. Die Folge ist, dass dieses Buch dadurch weniger im klassischen Sinne unterhaltend, aber dafür informativer auf den Leser wirkt, als man dies zuerst vermuten würde. Historisches Hintergrundwissen ist zum besseren Verständnis der Handlung jedoch sehr hilfreich. Insofern ist die achtseitige Dokumentation im Anhang ausdrücklich positiv hervorzuheben.

Fazit: „Die Sache mit Sorge“ ist eine ernst zu nehmende Graphic Novel für geschichtsinteressierte Leser ab 16 Jahren. Leser die nach einem packenden Agententhriller suchen, sind jedoch wahrscheinlich mit anderen Büchern besser bedient.

Isabel Kreitz: Die Sache mit Sorge. Stalins Spion in Tokio. Mit einer Dokumentation von Frank Giese, Carlsen 2008.

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